Sonntag, 14. Juni 2015

Auf der Finca "Paradise Found"

Endlich komme ich dazu, von unserem Aufenthalt auf der Finca zu schreiben. Insgesamt waren wir wohl etwas über zwei Wochen dort: Das erste Mal 5 Tage, bevor wir mit Ina und Till herumgereist sind, und dann noch einmal etwa 10 Tage, die wie im Flug vorbeigehen.
 
Aufgang zur Terrasse. (Das Schild hat übrigens Hannah gemacht.)
Zunächst einmal zu den derzeitigen Bewohnern der Finca:

Da ist natürlich Johanna selbst. Die emigrierte Wienerin wohnt seit sieben Jahren hier, und man merkt ihr an, dass der Name der Finca ("Paradise Found") gut gewählt ist. Sie ist freundlich, direkt, neugierig, und resolut, und wirkt einfach durch und durch zufrieden mit ihrem Leben. 

Teresa ist eine Studentin von der Uni Göttingen, die ein dreimonatiges Praktikum hier macht. Voller Elan und Tatendrang stürzt sie sich auf jedes der vielen möglichen Projekte hier auf der Farm; und die Pflänzchen unter ihrer Obhut danken es ihr zumeist gut.

Will ist ein junger Architekt aus Québec, dessen Idee es ist, irgendwo an der Karibikküste ein Auslegerboot zu bauen und mit ein paar Freunden in den Buchten herumzusegeln. Johanna hat ihm ihre Finca als Basis angeboten, und als Nebenprodukt seines Aufenthalts entstehen wunderschön gezimmerte Möbel, sowie ein detailliert ausgearbeiter Plan für ein Gästehäuschen.

Jeffrey ist ebenfalls Kanadier, und ein Freund von Johanna, der schon überall auf der Welt gelebt hat. Mit ihm spinnt Johanna neue Ideen für neue längerfristige Projekte. Welche davon umgesetzt werden, ist noch ungewiss, aber auch der Weg dorthin ist interessant und macht Spaß.

Und da ist natürlich noch Antonio, ein Einheimischer der Insel, der allmorgendlich per Cayuco (also Einbaum mit einem Paddel) ankommt und eine Unzahl der laufenden Arbeiten übernimmt. So hat er zum Beispiel sämtliche Bretter und Pfosten mit der Motorsäge geschnitten, aus denen hier alles konstruiert ist. Die Bäume kommen selbstverständlich von der Finca selbst.

Hannah, Will und Johanna bei einer Rast auf der Terrasse.

Blick auf das Rancho und die Finca.


Ausblick auf die Bucht.

Teresa genießt die Brise in der Hängematte.
Soviel zu den menschlichen Bewohnern. Abgesehen von uns wohnen hier derzeit noch 
  • 5 ausgewachsene und 2 junge Katzen (Charlie, Ginger, Popov, Lucy, die kleine Schwarze, Fridolin und Frida), 
  • ein junger Schäfhund namens King, der überzeugt davon scheint, dass die Welt nur dazu existiert, um ihn zu unterhalten (wir geben uns auch Mühe), 
  • die Ziege Frau Schneider, die immer so wirkt, als wäre sie eigentlich noch viel klüger, als sie sich gibt,
  • 2 Pferde, deren Namen ich mir nicht gemerkt habe, die mir aber weniger Angst einjagen, als ich es von Pferden erwarten würde,
  • 2 recht scheue Schafe, die gemeinsam mit den Pferden die Funktion von Rasenmähern übernehmen,
  • und 10 Hühner, die seit geraumer Zeit hier leben, plus eine neues, das über Nacht aufgetaucht ist und sich zu ihren Artgenossen gesellt hat.  
Die Liste der undomestizierten Bewohner des etwa 50 Hektar umfassenden Areals wäre noch wesentlich länger, insbesondere, da mehr als drei Viertel der Fläche Dschungel sind und auch genau so bleiben sollen.

Immer dort, wo Futter vermutet werden könnte: Lucy.
Immer dort, wo etwas zum Spielen zu vermuten ist: King.
Frau Schneider erlaubt mir, sie nach Hause zu begleiten.

Man beachte das ganz frisch gelegte Ei in Hannahs Hand. (Ein Huhn hats  natürlich gelegt, nicht Hannah.)

Unterm Katzenvolk ist Charlie der dicke Macker, und teilt Krallenwatschen aus. Bei uns Menschen spielt er allerdings den Schmusebären.

Was tun wir hier so? 

Naja, zunächst einmal Essen produzieren. Bananenstauden wollen gefällt und die dazugehörigen Bananenbüschel zur Finca gebracht werden. Ananas sind zu ernten, Papayas zu pflücken, Maracujas zu entdecken, Ingwer- und Kurkuma-Wurzeln auszugraben, Luft-Kartoffeln zu suchen, Tomätchen zu naschen, und Kokosnüsse zu schlachten. Und natürlich noch hundert andere Pflanzen, die ich nicht mal beim Namen (geschweige denn vom Geschmack her) kenne, und dann gibts wahrscheinlich noch immer ein paar, über die noch nicht mal Johanna Bescheid weiß.
Spätabendliches Kokosnuss-Schlachten.

Dschungelwerkzeug: Der Macheten-Halter.

Farbliche und geschmackliche Bananen-Vielfalt.

Und es wird laufend noch mehr gepflanzt. Die Gurken-Pflänzchen, die Teresa am Tag unserer Ankunft einsetzt, zeigen bei unserem zweiten Aufenthalt bereits große gelbe Blüten und ein winziges zukünftiges Gürkchen. Der Mais schießt in den von Hannah neu angelegten Beeten in die Höhe, und die dazwischen gepflanzten Kürbisse beginnen rasch, den Boden zu bedecken, um die Feuchtigkeit am Verdunsten zu hindern. Der Spinat scheint schneller zu wachsen, als man ihn pflücken kann, und beim Unkraut-Jäten (Verzeihung: Beikraut-reduzieren) auf der Pferdeweide wird man manchmal von über 50 Zentimetern hohen, wilden Basilikumstauden attackiert.
(Kleine Anmerkung: Unkraut jäten im tropischen Raum muss man mit schweren ledernen Arbeitshandschuhen sowie einer Machete. Das Zeug hier wächst!)
Oh, und die von uns mitgebrachten Tabak-Samen spießen, und recken bald ihre Millimeter-kleinen Blättchen der Sonne entgegen.

Stolze Rückkehr nach einem Spaziergang: Die Knietaschen meiner Hose sind voller Zitronen, Kakao-Früchte und Limetten. Die ganzen Ananas und Kokosnüsse haben nicht mehr gepasst.

Der Arbeitstisch im Rancho.
Frida und Fridolin bei einem Zwischendurch-Snack.


Frau Schneider freut sich stets über menschliche Gesellschaft.. und Bananen.

Und sonst? Johanna regt Ideen an, aber lässt uns fast immer freie Hand, was genau wir anfangen wollen, und freut sich über jedes Projekt, das fertig wird. Und es gibt genug zu tun, unzählige neue Materialien auszuprobieren. 
Die Masse, in der Hannahs Mosaik-Schild fixiert wird? Zement, Lehm und Kokosfasern. 
Der Lampenschirm, den Teresa entwirft? Natürliche Matten, die man zwischen Stamm und Blattansatz einiger Palmen hier findet. 
Das neue Gummistiefelregal? Aus Holz, das hier "Ironwood" genannt wird, das man mit der Metallsäge schneiden, und für jedes noch so winzige Nägelchen ein Loch vorbohren muss. 
Die Hauptzutat für unser Abendessen nach dem neuen Rezept, das wir gerade gefunden haben? Der feste Kern einer Palmenstaude, frisch gefällt. (Okay, dieses Experiment hat nicht funktioniert, beziehungsweise einfach eine grausliche Konsistenz gehabt.)


Der angeblich essbare Kern einer Bananen-Pflanze. Skepsis ist angebracht.

Im Rancho entsteht gerade eine neue Lampe. Endlich eine Verwendung für die Kokospalm-Matten!

Unter dem Rancho entsteht hier gerade eine neue Werkstatt.
Nach bereits wenigen Tagen ist mein Arbeitsgewand (sowie der Rest von mir) so verdreckt wie noch nie zuvor, habe ich Schwielen und Schnitte an den Händen, blutige Kratzer überall sonst, und Muskelkater sowieso. Es ist wirklich eine Freude! (Und das meine ich im vollen Ernst! Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine. Es ist einfach schön, erschöpft und zufrieden (und geduscht) Abends auf der Terrasse zu sitzen.)

Hund und zukünftiges Gästehäuschen.

Oder wir schwimmen in der Bucht (wenn man etwa 50 Meter weit schwimmt, kann man schon die ersten Korallen, Schwämme, und Schlangenseesterne sehen), probieren Wills löchriges Cayuco aus (die Bordkante befindet sich derzeit noch unterhalb der Wasseroberfläche), und tratschen oder lesen einfach auf der Terrasse. (Der Innenraum der Finca ist nicht nur deshalb von der ersten Sekunde an einladend, weil alles aus Holz besteht, sondern auch, weil sich überall Bücherregale finden.) 

Vielleicht bringt es die folgende Beschreibung am besten auf den Punkt: Die Finca ist deswegen das gefundene Paradies, weil man hier basteln und bauen, pflücken und pflanzen, tun und lassen kann, was man will, ohne vorher die Genehmigung, Bescheinigung, Zertifizierung, oder sonstige Erlaubnis von irgendwelchen Behörden, Autoritäten, oder sonstigem Gesocks einholen zu müssen. Man einfach Platz und Möglichkeit und Freiheit hat, um sich ungestört zu entfalten.

Pura vida, möchte man fast nach costaricanischer Art sagen. 

Gerüst für die Reparatur der Regenrinne. Man zeige das Photo bitte irgendeinem mitteleuropäischen Arbeitssicherheitsbeauftragten. (PS: Zur Sicherheit wurde die Leiter aber eh am Boden festgenagelt.)

Waldviertler-Pflege in der Regenzeit.

5 Kommentare:

  1. Hallo ihr zwei,

    ich habe euren Blog gefunden, als ich bei google nach Informationen zu Johannas "Finca Paradise Found" gesucht habe. Ich weiss nicht, ob ihr diesen Kommentar noch lest (euer Eintrag ist ja schon ein Jahr her), aber ich wollts trotzdem versuchen. :) Ich verbringe bald drei Wochen bei Johanna, auch zur Regenzeit, und mich plagen natuerlich hunderte von Fragen... Die pack ich aber jetzt nicht alle hier in diesen Text. Im Moment wuerd ich gern wissen, ob ihr viele Probleme mit Muecken, Sandfliegen und anderen Blutsaugern hattet. Wie habt ihr euch geschuetzt? Und ist sonst noch irgendeine Vorsicht geboten? Wuerde mich ueber jeden Tip sehr freuen! Danke!

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  2. Hallo!
    Ich versuche gerade, mich daran zurückzuerinnern, wie das mit den Mücken war.. das Gute ist ja, dass Johannas Finca auf einem Hügel steht, wo man (fast) immer ein bisschen Wind hat, und das die kleineren Mücken praktisch ganz wegbläst. Trotzdem kann ich mich an ein paar Abende erinnern, an denen wir in der Dämmerung noch kurz baden waren, und dann schwer gepiesackt den Rückweg angetreten sind.
    Auf der Terrasse haben wir so um die Dämmerung an den windstilleren Tagen auch Nobite aufgelegt..

    Klar, schreib mir gern eine E-mail, wenn dir noch Fragen einfallen. :)

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  3. Oh super, danke!!! Ich hab deine Antwort erst jetzt gesehen (wo ich am Flughafen sitze um nach Panama zu fliegen). Dein/euer Blog ist so hilfreich, vielen, vielen Dank! Im Moment bin ich nervös weil Johanna meinte, dass sie wegen der Gewitter nicht immer raus fahren kann. Sie will mich beim YOC Kim in Almirante treffen. Hat sie das mit euch auch so gemacht? Ist es dort sicher? Und kann ich dort irgendwo ein paar Stunden rumlungern? Ich hoffe, Johanna laesst mich nicht im Stich. :-(

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    1. Oh Mist, schon wieder nicht sofort gesehen.

      Bist du schon gut angekommen?

      Ich fand Almirante immer ganz problemlos, die Leute waren immer voll hilfsbereit.
      Wir sind damals mit einem jungen Panamesen, der viele Sachen für Johanna erledigt, und ein eigenes Boot hat, übergesetzt... auch mit einer Stunde Verspätung. ;)

      Wenns gerade Gewitter gibt, kann das natürlich zu mehr Verzögerung führen, aber ich glaube nicht, dass du dir deswegen Sorgen machen musst.

      Liebe Grüße an Johanna, sobald du sie triffst. :)

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  4. Danke! :) Ja, bin endlich in Panama City angekommen. Ich werde Johanna die Gruesse ausrichten. Vielen Dank, dass du einer Unbekannten so gute Ratschlaege gibst. :) Ich mach mich gleich auf zum Albrook Bus Terminal...

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