Eigentlich hatten wir ja geplant, direkt nach Lanquin weiterzufahren, aber dann hat uns Rubeín, ein Couchsurfer aus der Gegend von Huehuetenango, zurückgeschrieben, und wir haben beschlossen, ihn und seine beiden Geschwister zu besuchen.
Die Reise dorthin war schon einigermaßen aufregend, und als wir aus dem Camioneta bei Kilometer 239 aussteigen, wird uns ziemlich schnell klar, dass hier nicht oft Gringos vorbeikommen.
Rubeín, sein Bruder Ander und seine Schwester Mendy holen uns von dort mit einem Pick-up ab, und es geht noch einige Kilometer über steile Schotterstraßen bis zu ihrem Bauernhof.
Bei der Kaffeeernte. |
Nachdem wir angekommen sind, haben aber alle drei noch ein wenig zu tun, und nachdem wir keine Ahnung haben, wie wir helfen könnten, fühlen wir uns ein wenig verloren.. Ein Spaziergang schafft Abhilfe, und dann bauen ich auch noch die Slackline auf.
Vermutlich der erste Slackliner in dieser Gegend. |
Das hilft definitiv, das Eis zu brechen. Mendy und Ander sind begeistert, und üben enthusiastisch, bis es schließlich zu dunkel wird. Schon jetzt ist klar: Hier werden wir dazukommen, unser Spanisch ordentlich zu praktizieren. Rubeíns Englisch ist dazu auch noch ziemlich gut, so dass er übersetzen kann, wenn Hannah oder ich uns in irgendeinem angefangenen Satz verheddern.
Gelegenheit dazu haben wir genug, denn unsere Gastgeber sind wunderbar neugierig. Ob es oft Schnee gibt in Deutschland, um diese Jahreszeit? Was man in Österreich typischerweise zum Frühstück isst? Ob in Europa auch viel mit Mais gekocht wird? Was man sich in Wien so anschauen könnte? Ob alle Leute dort so gerne Bier trinken? Und und und..
Und gleich darauf einige Begeisterte, die es auch mit Vergnügen ausprobieren. |
Wir haben ebenfalls genug Fragen. Wie diese Orangensorte wohl heißt? Wozu diese Pflänzchen gut sind? Verwende ich diese Machete richtig? Könnt ihr mir zeigen, wie ich Tamalitos (Mais-Teig-Brot, das in Maisblättern gekocht wird) mache? Wohin verkauft ihre euren Kaffee? Darf ich diese Banane an Princesso (dem Hofschwein) verfüttern?Und so weiter und so fort..
Honduras-Orange, eine ganz spezielle Sorte. |
Kaffee-Pflänzchen mit blühendem Unkraut. Oder waren das doch die Setzlinge für die Kaffee-Plantagen-Schattenspender? |
Ich glaube, ich war noch nie auf einem so abgelegenen Wohnort. Die
Gegend ist wunderschön, das Haus ist umgeben von Pinienwäldern, und von
der Terrasse blickt man auf die verschiedenen Pflanzen-Projekte der
Geschwister: Eine kleine Zitrusfrucht-Plantage, verschiedenste
Kaffee-Setzlinge, andere Pflänzchen, die einmal dazu dienen werden, den
jungen Kaffeestauden Schatten zu spenden, einige Zierpflanzen in
verschiedensten Farben und Größen, ein Schweinestall mit Princesso
darin.
Frühstück, Mittag- und Abendessen wird immer für uns zubereitet, und auch wenn es uns etwas unangenehm ist, wissen wir kaum, wie wir uns dafür revanchieren können. Wir tun uns schon schwer genug, Wasser zum Waschen auf dem Holzofen heiß zu machen, von Kochen ganz zu schweigen. Die drei freuen sich darüber, dass wir sie auf ein paar Bier einladen, aber schon beim Einkaufen sind wir wieder darauf angewiesen, dass sie uns mit dem Auto hinfahren. Und in dem Laden gibts auch nur Bier, Chips, und ähnliche Haltbar-Produkte. (Milch, Eier und Fleisch gibts beim Nachbarn, Obst, Gemüse, Mais und Bohnen am Markt im nächsten Ort.)
Zumindest beim Kaffeeernten können wir ein bisschen mithelfen.
Junge Erntehelferin mit reifen Kaffeebeeren. |
Meistens musste man sich erst den Weg zu den Pflanzen freimachetnen. |
Wir begleiten die drei auch zur zweiten Plantage, auf der die Kaffeesträucher noch ein bisschen kleiner sind. Die Anfahrt dauert etwa eine Stunde (sind 15 Kilometer von etwas, das ich wohl "Feldweg" nennen könnte) Da dort noch nichts zu erten ist, und auch wenig Unkraut (oder Un-Büsche, oder Un-Bäumchen) mit der Machete zu vertreiben sind, wird das ganze in einen Ausflug umgestaltet.
Ausflug in die Umgebung: Mendy und Rocky. |
Mit Orangenpflücken (von uralten Bäumen einer verlassenen Plantage), Erkundung einer Höhle an einer Flussuferböschung (Unmengen von Fliegen, und wir trauen uns nicht weiter rein, um den Ursprung der Fliegen zu finden..), Überquerung einer Hängebrücke (ja, so eine, bei der einige Planken so verrottet aussehen, dass man damit rechnet, dass die beim Drübergehen brechen).
Und noch das Ernten von dem Saft von einem ganz bestimmten Bambus-artigen Gewächs, das angeblich das Haarwachstum stimuliert.
Noch mehr Spektakel: Ernte von Saft aus diesen Bambus-artigen Rohren. |
Ich bin mir nicht sicher, aber Hannah beschwört, dass sich ihre Haare nach dem Waschen mit diesem Natur-Shampoo wesentlich dicker und dichter anführen. Wenn das klappt, sollte sich auch mein Bart in den nächsten Tagen Rübezahl-artig verdichten.
Nach drei Nächten machen wir uns dann schließlich auf die Weiterreise nach Lanquin. Die ganze kleine Familie begleitet uns zur Hauptstraße, und nach kurzem Warten röhrt ein Camioneta heran. Wie gewohnt dauert es nur ein paar Sekunden bis unsere Rucksäcke am Dach und wir auf den Sitzbänken verstaut sind, und dann können wir nur noch kurz winken, bis der Bus um die nächste Kurve düst.
Ein kurzer, aber wunderschöner Abstecher, und ein perfektes Beispiel für Couchsurfing-Kulturaustausch.
Rubeín, Mendy, Ander, und noch eine Cousine aus der "Nachbarschaft". |
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