Samstag, 22. November 2014

Valladolid

Unser langsamer (oder genauer gesagt: gemächlicher) Weg Richtung Westen führt uns als nächstes nach Valladolid.

Der kleine Ort war ursprünglich eine Maya-Siedlung mit dem Namen Zací, und dann kamen die Spanier. Nachdem Cortez selbst keine Lust hatte, sich um die Unterwerfung von Yucatan zu kümmern, hat er diese Aufgabe an Francisco de Montejo abgegeben. Bereits nach einigen Jahren war auch der recht demotiviert. Praktischerweise hatte er aber einen Sohn und einen Neffen, und seltsamerweise hatten alle den selben Namen.
Jedenfalls fuhr MdJ I nach Spanien zurück, MdJ II gründete Mérida, und MdJ III stampfte Valladolid aus dem Boden, und II und III verwendeten ihre beiden Städte, um in verwandtschaftlicher Eintracht Tod und Verderben über die einheimische Maya-Bevölkerung zu bringen. Und das alles etwa Mitte des 16. Jahrhunderts.

Wir kommen erst etwa 500 Jahre später an, aber man merkt dem Städtchen das Alter an. Im positiven Sinn, und wir genießen und schätzen es nach den modernen Boom-Towns von Cancún und auch Tulum sehr.
Iglesia de San Servacio.

Der Maitre von dem Hostel, in dem wir absteigen, stattet uns nicht nur mit einer Stadtkarte aus, sondern zeichnet in diese auch flink und routiniert die hübschesten fußläufigen Sehenwürdigkeiten ein, und vervollständigt das auch noch mit einer kurzen Liste von kulinarischen Empfehlung, die wir allesamt im hiesigen Bazar erstehen können.

Wir spazieren also gleich los, und unser erster Stop ist die Markthalle. Ganz auf Spanisch, ist die Halle voll mit kleinen Ständen, überwiegend Lebensmittel, fast alles regional erzeugt. Erfreut erstehen wir einen Ein-Kilo-Sack mit gemischten, mundgerecht vorgestückelten Zitrusfrüchten aller Art, und stellen kurz darauf doch etwas verblüfft fest, dass man hier sogar das Obst mit Chiliflocken reicht. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber lecker.


Im Hinterhof eines Restaurants finden wir diesen an Gaudí erinnernden .. Brunnen? Jedenfalls spuckt irgendwas Wasser.

Unser nächster Stop ist der Stadtpark. Der ist nicht groß, aber ist doch einzigartig. Warum? Man biegt um ein Gebüsch, steht vor einer Treppe, die in eine kleine Höhle führt, folgt ihr, und steht vor der Cenote Zací.
Erster Blick auf die Cenote Zací.
 Dieses Wasserloch liegt in einer halboffenen Höhle, vielleicht 10 Meter unterhalb der Niveaus des Parks, und ist angeblich an den seichten Stellen 30 Meter, und an der tiefsten über 100 Meter tief!
Nächster Anblick der Cenote, kurz bevor wir hineinspringen.
Irgendwie strahlt das Wasser das auch aus, und die "catfish" (diese 10 bis 30 cm langen, schwarzen Wels-artigen Viecher, die aussehen als hätten sie lange Schnauzbärte) machen das ganze noch ein bisschen unheimlicher, weil sie alle wie zufällig verteilt regungslos knapp unterhalb der Wasseroberfläche herumstehen. Trotzdem springen wir rein. Wäre ja noch schöner.

Nachdem wir von keinem aus der tiefen Dunkelheit auftauchenden Riesenurzeitmonster verspeist wurden, verspüren wir selbst ein gewisses Hungergefühl. Also auf zum Stadtplatz ("Parque de Francisco Cantón Rosado", von allen aber nur "El Centro" genannt), und in den Bazar. Der hat mit dem orientalischen Namensgeber nicht viel zu tun, sondern ist ein überdachter Platz, um den herum Klein- und Kleinstrestaurants kochen. Man sitzt in der Mitte an charmanten Plastiktischen, und kann das Treiben rundherum beobachten.

So genießen wir Longeniza de Valladolid (eine Art Chorizo) sowie Cochinita Pibil (langsam gegartes Spanferkel mit ganz spezieller Marinade aus Chili, Orangensaft und ein paar anderen unbekannten Gewürzen), und schauen mit zunehmendem Entsetzen einem Tisch von US-Amerikanerinnen zu, die etwa zwei Drittel ihres Essens einfach stehen lassen. Wir unterdrücken gerade noch den Drang, ihnen fäusteschüttelnd Unflätigkeiten hinterherzurufen, als wir eine alte Dame heranschlurfen sehen. Sie wimmelt geschickt den Kellner ab, der schon abräumen wollte, und beginnt ein Festmahl. Während sie isst, baumelt sie vergnügt mit den Beinen (die Durchschnittsgröße hier liegt bei geschätzten Locker-einen-Kopf-kleiner-als-wir), und packt dann rasch noch den Rest in ein paar vorsorglich mitgebracht Plastiksackln ein. Wir freuen uns.

Den Abend verbringen wir noch in gemütlichem Gespräch mit einem anderen deutschen Reisenden, Nachts schlafe ich ein bisschen unbequem auf den in dickes Plastik eingepackten Hostel-Matratzen. Hannah schläft aber gar nicht, irgendetwas stellt sich als sehr magenunverträglich heraus.

Am nächsten Morgen geht es ihr zum Glück schon wieder gut, aber Appetit hat sie nur auf Salzcracker. Wir beschließen also einen Tag im Hostel zu verbringen, dem ihr die komplette Cuba-Berichterstattung zu verdanken habt.
Abends machen wir noch einen kurzen Spaziergang zum nahen Konvent von San Bernardino de Siena, und kochen uns eine leichtverdauliche Gemüsesuppe. Ohne Chili.
Weiter als die zweihundert Meter zum Konvent und einmal drumherum haben wirs nicht geschafft. Drinnen gibts angeblich noch eine Cenote, aber man darf sowieso nicht drin baden, außer man ist Mönch.
Sonntag ist dann Abreisetag, uns erwartet schon ein Couchsurfer in Mérida. Sonn... Moment. Heute ist Samstag. Was? Wirklich? Tatsächlich. Irgendwie haben wir noch einen Tag Zeit, und nutzen ihn für einen Ausflug nach Ek'Balam.
Die Überreste dieser Maya-Stadt haben im Gegensatz zu Chichen Itza keinen eigenen Flughafen, und ist nicht von Touristen überrannt. Noch nicht, den sehenswert ist der Ort auf alle Fälle!
Die über 30 Meter hohe Pyramide "...." ist wirklich spektakulär, und die Fresken auf halber Höhe sind außergewöhnlich gut erhalten und prahlen noch dazu mit einigen einzigartigen Motiven.
Hannah und die "Twins", zwei unerklärlicherweise identische Tempel direkt nebeneinandern.
Im Hintergrund sieht man schon die "Akropolis" von Ek'Balam durch den Urwald lugen.

Basis der Akropolis

Einer der "geflügelten Krieger" auf halber Höhe. Angeblich sind diese Fresken im Originalzustand, also nix restauriert.
"Struktur 14", also die Akropolis von unten.

Und von oben.
Der Abstieg ist schon ein bisschen gruselig.

Einen Fußmarsch von 2 Kilometern entfernt können wir auch unser tägliches Cenoten-Bad absolvieren. Diese hier ist nach oben komplett offen, die Wasseroberfläche liegt etwa 15 Meter tiefer als der umgebende Erdboden, und verfügt über ein geschickt angebrachtes Seil zum Hineinschwingen. Und es gibt eine Hängebrücke, und sogar eine kleine Süßwasserschildkröte entdecke ich. Ebenfalls dort badend finden wir ein junges Pärchen aus Köln, die uns in ihrem Mietwagen zurück nach Valladolid nehmen. Que suerte!

Cenote bei Ek'Balam, mit Badenden, Schwingenden und Hängebrückebegehenden.

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