Samstag, 8. November 2014

Matanzas, Cuba


Köln verabschiedet uns mit Regen, Elke und Thomas mit ein paar unterdrückten Tränen. Hannah unterdrückt die Tränen nicht. Ohne kaltherzig klingen zu wollen: Ein anderes Thema drängt sich in den Vordergrund meines derzeitigen Denkens: Varadero. Nein, es geht nicht um den angeblich wirklich traumhaften Strand oder die unendlichen Touristen-Resorts, die dort stehen, sondern unser Zielflughafen.

Seit etwa drei Monaten sind wir überzeugt davon, in Holguin zu landen, also im Osten von Cuba. Jetzt haben wir die ausgedruckten Check-In-Zettel vor uns, und hier steht: Frankfurt - Varadero.
Ein Fehler der Fluggesellschaft? Nein. Wir haben seit drei Monaten tatsächlich darüber hinweggelesen. Warum? Weiß der Geier. Aber Hostel-Buchungen usw. haben wir natürlich auch für Holguin, nicht für Varadero. Das macht mich etwas unrund. Am Flughafen verwende ich den Restakku des Laptops noch schnell dazu, eine kurze Recherche nach möglichen Unterkunftsorten durchzuführen. Nicht so einfach, aber es kommen die Städte Varadero, Matanzas und Cárdenas in Frage. Na gut.

So kommen wir nach 11 Stunden Flug in Varadero an, etwa 9 Uhr abends. Öffentliche Busse gibts keine mehr, dafür viel Hitze und Taxifahrer. Und ja, natürlich kennt der Taxifahrer Casas Particulares (wie die privaten Unterkünfte hier heißen) in Varadero, und auch in Matanzas. Wir entscheiden uns für Matanzas.

Wir residieren bei Roberto und Margarita, die in einem hübschen Kolonialbau aus dem 18. Jahrhundert wohnen. Die Pensionsgäste sind im Trakt mit den ehemaligen Pferdeställen untergebracht. Und der Jetlag lässt uns wunderbar und lange schlafen, nur der antiquierte Kühlschrank in der Ecke rasselt, schnauft und grunzt nächtens manchmal ein bisschen unheimlich.

Den nächsten Tag nutzen wir dazu, um durch die Stadt zu spazieren, den Plaza Central zu besichtigen, sowie im Hotel Velasco "kurz" in Internet zu gehen, um mal ein Lebenszeichen abzugeben.
Internet. Ein spannender Vorgang in Cuba. Der Rezeptionist informiert uns, dass wir eine Karte bei ihm kaufen könnten, die 5 CUC (Pesos Cubanos Convertibles, 1 CUC sind etwa 0.80 EUR) kostet. Für eine Stunde. Aber er hat gerade keine Karten da, also müssten wir sowieso warten.
Leicht schockiert wandern wir weiter, um beim offiziellen, staatlichen "Internetcafé" nochmal zu fragen. Tatsächlich, der gleiche Preis. Und auch grad keine Karten. Aber zusätzlich noch eine Schlange von gefühlten zehntausend Leuten.
Na gut. Also doch zurück zum Hotel, wo man beim Warten zumindest sitzen kann. Wir zahlen die 5 CUC, setzen ein minimalistisches Email ab, und sparen uns die restliche halbe Stunde für einen anderen Tag auf. (Ja, die Verbindung ist nicht nur teuer, sondern auch langsam.)

Kein Museum, sondern tatsächlich das Feuerwehrhaus von Matanzas
Che ist überall. Wirklich überall. Der Revolutionär als Systemerhalter (und Zierelement).


Dann packen wir unsere Siebensachen, finden im Ort den Platz, an dem die "Taxis Collectivos" abfahren, ähnlich wie die "Dolmuş" in der Türkei. Mit dem Unterschied, dass hier die Collectivos monströse, umgebaute Lastwägen aus den 50ern sind, dicke Abgas-spuckende Chevys oder Buicks oder wie auch immer diese uralten amerikanischen Gefährte heißen.
Um 1 CUC pro Person befördert uns der Fahrer zum Strand von Varadero. Noch dazu dürfen wir in der Führerkabine beim ihm sitzen, während die etwa 30 Beförderten auf den Bänken der überdachten Ladefläche herumschaukeln. Und er unterhält sich mit uns auf Spanisch-für-Idioten, wofür wir ihm aufrichtig dankbar sind. Das ist momentan genau unser Sprachniveau!

Als der Tacho aufgehört hat zu funktionieren, hatte der Wagen 600.000 Meilen drauf. Wieviele Jahre das her ist, weiß ich leider nicht.
Der Strand von Varadero. Was soll ich sagen. Wir steigen an einer Stelle aus, an der die Touristen-Dichte noch recht dünn ist, und wie soll ich den ersten Karibik-Strand beschreiben, an dem ich in meinem Leben bin? Paradiesisch triffts schon irgendwie.

Abends in Matanzas spricht uns auf der Straße ein Mann in einem ziemlich staubigen Arbeiteroverall an, der unterm Arm ein ziemlich mitgenommenes Buch trägt. Er freut sich sehr, dass wir deutsch sprechen, er nämlich auch.
"Ich bin sehr erfreut darüber, euch an diesem Ort anzutreffen, denn so kann ich mein Deutsch praktizieren. Wissen Sie, aus Langeweile habe ich begonnen, die deutsche Sprache zu erlernen, aus diesem Buch hier." Nach einigen Sätzen eilt er wieder weiter.
Den Titel des Buches konnte ich leider nicht entziffern, es dürft sich aber um ein älteres Werk handeln, dessen Sprache ein wenig altertümlich anmutete.

Am zweiten Tag machen wir einen Ausflug zum Rio Canimar. Wir versuchen hartnäckig, einen Wanderweg daran entlang zu finden, scheitern aber kläglich daran. Der Versuch macht trotzdem Spaß, so kommen wir mit viel Flora, Fauna und lokaler Bevölkerung in Kontakt.

Bootsverleih. Außerdem ists nicht mal ganz untergegangen.

Glubsch. Nachdem ich den ersten gefunden hab, sind sie mir überall aufgefallen.
Die hier hab ich allerdings erst gesehen, wie ich fast im Netz dringestanden bin.
Rio Canimar - Hübsche Aussicht auf Hannah und Ufer

Abends versuchen wir den Bahnhof von Matanzas zu finden. Der Vermieter unseres Zimmers rät zwar von einer Zugreise ab (langsam, und es soll schon mal vorkommen, dass der Zug auf der Strecke für ein paar Stunden liegenbleibt..), wir wollen uns aber trotzdem mal erkundigen. Ausgeschildert ist der Bahnhof jedenfalls nicht.
Nach etwa einer halben Stunde zielloser Wanderung treffen wir wieder den deutschsprechenden Literaten.

"Meine Freunde! Welche eine freudige Überraschung, euch wiederzutreffen! Aber welch Vorhaben führt euch in eine so abgeschiedene Gegend der Stadt?"

Er empfiehlt uns ein Bici-Taxi zu nehmen, also eine Rikscha, die er auch gleich für uns herbeiwinkt. Der Rikscha-Fahrer freut sich zwar über die 3 CUC die er bekommt, plagt sich dann aber über 30 Minuten (gefühlt war es noch viel länger..) entsetzlich, um uns zum Bahnhof zu bringen.

Das trostlose Gebäude liegt an einem fernen Stadtrand, die Halle ist gefüllt mit resigniert wirkenden Gestalten, die mit viel Gepäck alle verfügbaren Sitze belegen. In einem Eck des Gebäudes finden wir zwei Menschen, die so wirken, als wären sie irgendwie zuständig. Ein Zug? Ja, es gibt einen, nach Santa Clara. Heute? Nein, heute wahrscheinlich nicht mehr. Morgen? Ja, so zwischen 4 und 8 soll der fahren. Oder nein, vielleicht doch erst um 10. Oder 11. Ziemlich sicher.

Okay, dann vielleicht wirklich nicht mit dem Zug... Letzten Endes entscheiden wir uns doch für den Viazul-Bus. Das sind die ausschließlich für Touristen verfügbaren Fernbusse, die alle größeren Städte und Sehenswürdigkeiten anfahren. Wir überlegen kurz, und beschließen dann, nach Cienfuegos weiterzureisen. Quer durchs Land, an die Südküste von Cuba.

Auf dem Weg gibts eine viel zu kalte Klimaanlage, aber dafür Aussicht auf sich unterwegs langsam verändernde Landschaft.

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