Ein kurzer Rückblick: Vor unseren Abenteuern in Tuxtla kommen wir nach dem Ausflug zu den Ruinen von Palenque, Misol-Ha und Agua Azul noch am Abend in San Cristobal de las Casas an.
Was heißt Abend: wir steigen nach einer stundenlangen Fahrt um ca. 10 Uhr Nachts am Hauptplatz aus. Und, wir wussten es schon, haben es aber bis gerade noch nicht gefühlt: San Cristobal liegt auf ca. 1900 Metern überm Meer, und es wird wirklich verdammt kalt hier in der Nacht!
Wir stehen mit unseren Sandalen, Leinenhosen und T-Shirts da und frieren. Zum Glück haben wir unsere schweren Rucksäcke zu schleppen, so dass uns auf der Suche nach einem Hostel wieder warm wird. Zumindest ein bisschen. Am Rücken.
Wir finden schließlich auch das recht heimelige Hostal Tata Inti. Wir haben noch drei Tage, um die Stadt ein wenig zu erkunden, bevor wir tatsächlich das erste Mal als Volunteers in einem anderen Hostel aushelfen können.
Am nächsten Tag zeigt sich die Stadt auch gleich von ihrer freundlichsten Seite: Es wird wieder warm, genaugenommen wolkenlos sonnig, und wir spazieren wieder in kurzärmeligen T-Shirts (allerdings mit geschlossenen Schuhen, und dicken Fleeze-Jacken im Rucksack für später) durch die Altstadt.
Blick auf San Cristobal de las Casas und die Guadalupe-Kirche |
Die bunten Fähnchen auf der Real de Guadalupe dienen uns in den ersten Tagen als Orientierungshilfe. |
Der Aufstieg zur Kirche Santo Domingo entpuppt sich als ein wenig enttäuschend, zumindest was die Aussicht angeht.
Nachdem wir die Stiegen erklommen haben, stellt sich heraus, dass der Ausblick durch die prächtig gedeihenden Bäume etwas eingeschränkt ist. |
Es fahren so viele T2s aus Brasilien herum, dass die Leute die seltsamsten Dinge damit anstellen. |
Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass sich ganz Mexico im Allgemeinen, und San Cristobal im Besonderen, auf die Feierlichkeiten der Virgen de Guadalupe vorbereiten, die mit allem Pomp und Trara am 12. Dezember stattfindet.
Wie sieht so eine Vorbereitung aus? Eine heilige Jungfrau will gehörig gefeiert werden, und das besteht vor allem darin, dass bereits zwei Wochen vor dem Stichtag angefangen wird, wie wild mit Böllern zu schießen. Die kleineren werden wie bei uns wahllos in Straßen entzündet, die großen allerdings sind an Raketen gekoppelt, da die Explosionen bodennahe doch zu erheblicher Zerstörung führen könnten.
Und wann hört die Heilige gerne Böller-Gekrache? Na, immer! Begonnen wird damit ca. um 5 Uhr morgens (ich vermute, dass das irgendwie mit einer Frühmesse zu tun hat), und geht relativ kontinuierlich bis 11 Uhr nachts dahin. Anfangs in ca. 15-Minuten-Intervallen, später, je näher der 12. Dezember rückt, werden die Intervalle immer kürzer. Zeitweise ist der vormals wolkenlose Himmel dermaßen mit Pulver-Nebel bedeckt, dass man unweigerlich an schweres FLAK-Feuer denken muss. Klingt auch so.
Eine der unzähligen Paraden auf der Real de Guadalupe. |
Zu den etwas erbaulicheren Begleiterscheinungen der Verehrung der Jungfrau von Guadalupe sind die Paraden, von den täglich mehrere stattfinden, und zumindest manchmal ganz amüsant anzusehen sind.
Das wahre Tohuwabohu bricht aber erst am Abend des 12. Dezember aus, als die gesamte Gegend um die Kirchte der Guadalupe in einem Kirtag aus 1-Liter-Michelada-Bechern, frittiertem Straßen-Essen, dubiosen Schießbuden, quäkenden Karussels und ähnlichem Treiben explodiert. Mir ist das Ganze an dem Abend zu viel, Hannah aber wagt sich in des Getöse hinein.
Auch eine Eislaufhalle ist für die Weihnachtsfeiertage aufgebaut worden. |
Der Arco Torre. Selbst wenn man es wollte (und warum sollte man das wollen?!), könnte man ihn nicht photographieren, ohne irgendwo einen VW Käfer im Bild zu haben. |
Am meisten irritieren mich die Kleinlaster, deren gesamte Windschutzscheibe mit dem Schriftzug "Dios me guia" (also: Gott leitet mich) bedeckt ist, bzw. davon intransparent gemacht wird.
Lieber Fahrer dieses Vehikels, meinst du nicht auch, dass es, unter Umständen, deine Kompetenz als Chauffeur untergraben könnte, wenn du die Fortbewegungsrichtung deines Gefährts so ganz und gar Gott alleine überlässt, aus dem banalen Grund, dass du bei den ganzen Aufklebern gar nichts mehr sehen kannst?!?
Die Santo-Domingo-Kirche, davor eines der Fahrzeuge, die ich für mich Jesus-Bomber getauft habe. |
Unsre erste Volunteering-Erfahrung
Genaugenommen sind wir ja nicht nur einfach so in San Cristobal herumspaziert, sondern haben hier das erste Mal als Volunteers gearbeitet. Die Leute vom Hostal El Nagual haben uns bereits vor einigen Tagen zurückgeschrieben, sich ausgesprochen nett angehört, und so stapfen wir am zweiten Tag unseres Aufenthaltes dort vorbei, um uns mal vorzustellen.
Von den beiden "Chefs" begrüßt uns David, der zweite der beiden, Fernando, hat an dem Tag gerade frei. Unser erster, per Email entstandener, Eindruck bestätigt sich: Ja, der ist wirklich ganz entspannt, freundlich, und scheint selbst ein bisschen zu staunen, wie sehr sein Hostel floriert.
Das liegt unter anderem auch an den Bewohnern, von denen einige schon mehr als einen Monat da sind. Im Innenhof wird musiziert, gemalt, gefeilt, Schmuck gebogen, gelötet, oder emailliert, gelesen, geschrieben, gezeichnet, und auch eine Tätowiererin hat ihre temporäre Werkstatt in einem der Zimmer aufgemacht. Der ganze Ort pulsiert richtig vor lauter Kreativität.
Tags darauf beginnt dann unser Dienst. Fürs ersten helfen wir dabei, das Hostel für den kommenden Ansturm von Gästen in der High Season rund um Weihnachten und Neujahr fit zu machen. Die Arbeit besteht also überwiegend malen bzw. kalken, sowie einige Möbel mit Öl einzulassen. Da es eine ganze Reihe Zimmer gibt, deren Wände frische Farbe möchten, bleibt es auch bei dieser Beschäftigung in den ersten Tagen.
Nach unserer Rückkehr von unserem Tuxtla-Ausflug kommt auch die "reguläre" Hostel-Arbeit dazu, also Putzen, Zusammenräumen, Betten machen, Wäsche waschen, und natürlich die Rezeption besetzen.
Fernando oder David sind jeden Tag einige Zeit da, in der wir sie mit allfälligen Fragen löchern können. Flor, eine Langzeit-Bewohnerin, die auch mitarbeitet, kennt das Hostel in- und auswendig, so dass eigentlich immer jemand da ist, wenn uns irgendetwas unklar ist.
All das beschäftigt uns meistens für die festgelegten 4 Stunden pro Tag, manchmal auch ein bisschen weniger. Um so mehr Zeit also zum Lesen, Kochen, Spazieren, und dergleichen.
Die anderen Volunteers wechseln während der Zeit, in der wir da sind: Am Anfang sinds je ein ein russisches und ein französisches Paar, mit denen wir uns ganz ausgezeichnet verstehen, ab der zweiten Woche dann zwei spanische Pärchen, mit denen wir uns bald einig sind, dass Wände streichen nicht die kurzweiligste aller Tätigkeiten sind.
Das einzige, was mich ein bisschen stört, ist, dass uns ein wenig der Anschluss zu den spanisch-sprachigen Langzeit-Bewohnern fehlt. Das Hostel ist absteige von vielen südamerikanischen Reisenden, am prominentesten davon die allzeit Mate-trinkenden Argentinierinnen und Argentinier. Unser Spanisch ist leider doch noch zu holperig, um einer Konversation in normaler Geschwindigkeit zu folgen, bzw. ohne ähs und öhs mitten im Satz zu antworten. Das ist natürlich in geselliger Runde Abends ein wenig lästig, aber wir finden uns trotzdem immer wieder Leute, mit denen wir uns auch flüssig (also auf Englisch oder Deutsch) unterhalten können. Am kuriosesten war da zum Beispiel der Grieche, der Germanistik studiert und gerade ein Auslandssemester in Mexico macht.
Von den beiden "Chefs" begrüßt uns David, der zweite der beiden, Fernando, hat an dem Tag gerade frei. Unser erster, per Email entstandener, Eindruck bestätigt sich: Ja, der ist wirklich ganz entspannt, freundlich, und scheint selbst ein bisschen zu staunen, wie sehr sein Hostel floriert.
Das liegt unter anderem auch an den Bewohnern, von denen einige schon mehr als einen Monat da sind. Im Innenhof wird musiziert, gemalt, gefeilt, Schmuck gebogen, gelötet, oder emailliert, gelesen, geschrieben, gezeichnet, und auch eine Tätowiererin hat ihre temporäre Werkstatt in einem der Zimmer aufgemacht. Der ganze Ort pulsiert richtig vor lauter Kreativität.
Tags darauf beginnt dann unser Dienst. Fürs ersten helfen wir dabei, das Hostel für den kommenden Ansturm von Gästen in der High Season rund um Weihnachten und Neujahr fit zu machen. Die Arbeit besteht also überwiegend malen bzw. kalken, sowie einige Möbel mit Öl einzulassen. Da es eine ganze Reihe Zimmer gibt, deren Wände frische Farbe möchten, bleibt es auch bei dieser Beschäftigung in den ersten Tagen.
Nach unserer Rückkehr von unserem Tuxtla-Ausflug kommt auch die "reguläre" Hostel-Arbeit dazu, also Putzen, Zusammenräumen, Betten machen, Wäsche waschen, und natürlich die Rezeption besetzen.
Fernando oder David sind jeden Tag einige Zeit da, in der wir sie mit allfälligen Fragen löchern können. Flor, eine Langzeit-Bewohnerin, die auch mitarbeitet, kennt das Hostel in- und auswendig, so dass eigentlich immer jemand da ist, wenn uns irgendetwas unklar ist.
All das beschäftigt uns meistens für die festgelegten 4 Stunden pro Tag, manchmal auch ein bisschen weniger. Um so mehr Zeit also zum Lesen, Kochen, Spazieren, und dergleichen.
Die anderen Volunteers wechseln während der Zeit, in der wir da sind: Am Anfang sinds je ein ein russisches und ein französisches Paar, mit denen wir uns ganz ausgezeichnet verstehen, ab der zweiten Woche dann zwei spanische Pärchen, mit denen wir uns bald einig sind, dass Wände streichen nicht die kurzweiligste aller Tätigkeiten sind.
Das einzige, was mich ein bisschen stört, ist, dass uns ein wenig der Anschluss zu den spanisch-sprachigen Langzeit-Bewohnern fehlt. Das Hostel ist absteige von vielen südamerikanischen Reisenden, am prominentesten davon die allzeit Mate-trinkenden Argentinierinnen und Argentinier. Unser Spanisch ist leider doch noch zu holperig, um einer Konversation in normaler Geschwindigkeit zu folgen, bzw. ohne ähs und öhs mitten im Satz zu antworten. Das ist natürlich in geselliger Runde Abends ein wenig lästig, aber wir finden uns trotzdem immer wieder Leute, mit denen wir uns auch flüssig (also auf Englisch oder Deutsch) unterhalten können. Am kuriosesten war da zum Beispiel der Grieche, der Germanistik studiert und gerade ein Auslandssemester in Mexico macht.
Insgesamt eine äußerst positive erste Volunteering-Erfahrung, eine die Lust auf mehr macht. (Was ich Hannah verschwiegen habe: ich hab schon geschaut, ob es in Island auch Volunteering-Plätze gibt. Ja, gibt es, massenhaft! Die nächste Reise beginnt langsam, in meinem Kopf Form anzunehmen. Aber da hab ich ja noch ein bisschen Zeit...)
Ausflug nach Chamula
Wir genießen die Zeit in San Cristobal überwiegend in der Stadt selbst, mit Spaziergängen, den bereits erwähnten Experimenten im Süßigkeiten-Markt, einen Kino-Besuch ("Die letzten Zapatistas"), genüsslichem Kochen im Hostel, einem Film-Abend, und dergleichen "Alltag" mehr.Einen wichtigen Ausflug in die nähere Umgebung lassen wir aber nicht aus: Eine Halb-Tagestour nach Chamula.
Der Ort ist vor allem wegen seiner Kirche bekannt: Aus San Juan Chamula wurden nicht nur die Kirchenbänke rausgeworfen, sondern der Pfarrer gleich dazu. Jetzt wird dort ein eigenartiger Kult gepflegt, der eine Mischung aus katholischer Heiligenverehrung sowie lokaler Maya-Tradition ist.
Da wir bereits aus mehreren Quelle gelesen bzw. gehört haben, dass die hiesige Bevölkerung es WIRKLICH nicht mag, wenn man photographiert, beschränken wir uns dabei auf ein verstohlenes Minimum.
In der Kirche selbst ist das wirklich schade, wir hätten gerne zumindest ansatzweise versucht, diese ganz und gar eigene Atmosphäre einzufangen.
(Die Berichte, was die Konsequenzen unerlaubten Photographierens angeht, divergieren. Angefangen mit bösen Blicken, Konfiszierung der Kamera, aber auch bis zu Verprügeln und aus-dem-Dorf-Werfen habe ich alles gehört.)
Cementerio de San Sebastián. |
Die Luft duftet nach den frischen Piniennadeln, aber auch dem Räucherwerk, das abgebrannt wird. Mehrere Grüppchen Betender sitzen am Boden, halblaut Gebete vor sich hin murmelnd. Auch wenn ich die Worte überhaupt nicht verstehe, klingt es, als würde ein Mantra immer wieder wiederholt werden. Vor den Leuten am Boden stehen einige schlanke Kerzen, in verschiedenen Farben, die jeweils eine eigene Bedeutung haben.
(Wenn ich wage, eine Erklärung aus Guatemala auf Chamula zu übertragen, steht Weiß für die Wolken oder den Himmel, Gelb für den Mais, Grün für die Natur, Rot für das Blut oder das Leben, Schwarz für den Tod, und Blau für das Wasser. Die Zusammenstellung von mehreren bunten Kerzen erlaubt beliebig komplexe Interpretationen, die die Zeremonienmeister in der Kirche den Bittenden erläutern bzw. vorgeben.)
Eine betende Familie nimmt einige Züge Pox (gesprochen "Posch", ein hier selbstgebrannter Zuckerrohrschnaps), und reibt das Baby damit ein, dem offenbar die Zeremonie gilt, die wir beobachten können. Niemand opfert ein Huhn, was aber angeblich auch nicht zu selten vorkommt.
Die festlich geschmückte Iglesia San Juan Chamula. Wir wurden nicht beim Photographieren erwischt. |
Am Rückweg zur Bushaltestelle können wir aber nicht widerstehen, nach einem Geschäft zu fragen, das Pox verkauft. Es wird nicht nur zu Zeremonien in der Kirche verwendet, sondern auch sonst gerne getrunken, wahlweise pur oder mit Früchten zu einer Art Likör angesetzt. Nach einigem Herumfragen finden wir endlich den richtigen Ort ("Dort, wo der Mann in schwarzer Lederjacke davor herumhängt." Hm...), und treten in einen Raum, der bis auf fünf große Plastikfässer und mehrere Plastikkanister leer ist. Durch einen Vorhang tritt ein Mann zu uns, und fragt uns gleich: Wieviel Liter? Bestürzt fragen wir, ob er auch Halbliter-Gefäße hat, und ein kleiner Junge wird losgeschickt, um leere Coca-Cola-Plastikflaschen zu holen. Inzwischen dürfen wir mal "probieren", in Portionen, die eigentlich schon vom Anschauen betrunken machen. Solange wir noch gehen können, entscheiden wir uns für eine Flasche puren Pox, und eine mit Fruchtsaft, der an Tamarinden erinnert, aber nicht ist. (Den richtigen Namen dafür haben wir sofort wieder vergessen, weil er uns derartig fremd ist.)
Ein erfolgreicher Tag, von dessen (flüssigen) Früchten wir noch viele Abende im Hostel zehren können.
Bereit für die Weiterreise
Nach fast drei Wochen ist die Zeit zur Weiterreise gekommen. Wir spazieren noch einmal durch die Stadt, vergessen wieder, mehr Photos zu machen, und freuen uns, dass Ivan noch einmal Zeit hat. Diesmal besucht er uns in San Cris, und fährt mit uns zu Las Grutas, einer Art Naherholungsgebiet im Wand ein bisschen außerhalb der Stadt.Mein Lieblingskunstwerk an einer nahen Straßenecke in San Cristobal. |
Eine großartige Abschiedsgrillerei, mit Slackline-Session. Was will man mehr? |
Nachdem wir geschlemmt und geslackt haben, plaudern wir noch bis zum Einbrucht der Dunkelheit. Dann müssen wir zurück in Hostel, endlich wieder unsere Rucksäcke packen.
Am nächsten Morgen holt uns ein Minibus ab, den Fernando für uns organisiert hat, und uns direkt nach Panachajel am Lago Atitlan in Guatemala bringt.
Leb wohl, San Cristobal de las Casas! Kein Wunder, dass so viele Reisende hier so lange hängenbleiben.. Manche sogar ein ganzes Leben lang.
Am nächsten Morgen holt uns ein Minibus ab, den Fernando für uns organisiert hat, und uns direkt nach Panachajel am Lago Atitlan in Guatemala bringt.
Leb wohl, San Cristobal de las Casas! Kein Wunder, dass so viele Reisende hier so lange hängenbleiben.. Manche sogar ein ganzes Leben lang.
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